27. Juli 2023 Prior1

EU-Parlament: Novellierung der F-Gase-Verordnung 2023

Klimaschädliche Kältemittel vor dem endgültigen Aus

Noch immer ist nichts endgültig entschieden, aber so langsam kommt Bewegung in die Sache: Der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments (ENVI) hat am 1. März 2023 einem gegenüber dem Kommissionsentwurf aus dem letzten Jahr verschärften Vorschlag für die Novellierung der F-Gas-Verordnung zugestimmt.  Die neue F-Gase-Verordnung tritt voraussichtlich im 3. Quartal 2023 in Kraft, sofern auch der EU-Rat zustimmt. Die Zustimmung gilt als wahrscheinlich.

Auswirkungen auf Klimatechnikbranche

Die F-Gase-Verordnung regelt die Verwendung von teilflourierten Kohlenwasserstoffen (u.a. HFKW). Diese haben ein hohes relatives Treibhauspotential. Oft wird hierfür der Begriff Global Warming Potential (GWP) verwendet. Abgesehen von einem im Vergleich zur Fassung von 2015 ambitionierteren und schnelleren Phase-down (siehe „Verschärfte F-Gase-Verordnung: Für Rechenzentren kein Problem!“)  der verfügbaren Kältemittelmengen haben einige Verbote unmittelbare Auswirkungen auf die Klimabranche:

  • Verbot von neuen stationären Kälteanlagen mit fluorierten Kältemitteln ab 2025
  • Verbot von steckerfertigen Raumklimageräten, Monoblock- und anderen in sich geschlossenen Klimaanlagen und Wärmepumpengeräten mit F-Gasen ab 2026
  • Verbot von stationären Split-Klimaanlagen und -Wärmepumpen mit < 3 kg F-Gase ab 2027
  • Verbot von Split-Klimaanlagen und Wärmepumpen mit F-Gasen < 12 kW ab 2028
  • Beschränkung von Split-Anlagen mit einer Nennleistung zwischen 12 kW und 200 kW auf Kältemittel mit einem GWP unter 750 ab 2028
  • Verbot von F-Gasen in Split-Anlagen mit einer Nennleistung von mehr als 200 kW ab 2028
  • Verwendungsverbot von F-Gasen mit einem GWP > 150 für Wartung und Service an stationären Kälteanlagen ausgenommen Chillern ab 2024, mit einem GWP > 2500 für Wartung und Service an Klimaanlagen, Wärmepumpen und Chillern ab 2024. Aufgearbeitete oder recycelte F-Gase können im Service bis Ende 2029 verwendet werden.

f gase verodnung phase down 2022

Am 3. März, zwei Tage nach der Zustimmung des Umweltausschusses, veröffentlichten Verbände der Kälteindustrie ein Infoschreiben zum geplanten Verbot von klimaschädlichen F-Gasen. Der Infobrief für Betreiber über F-Gase-Verordnung und PFAS-Verbot schlug in den sozialen Medien hohe Wellen. Die heftige Reaktion der Verbände scheint nahezulegen: Der Lobby-Einsatz der Organisationen hat sich nicht ausgezahlt.

Die nächsten Schritte

Die nächsten Schritte sind entscheidend für den Fortgang der Novellierung. Wenn der Rat bereits im April oder Mai 2023 seine Position abstimmt, können die Verhandlungen zeitnah beginnen. Doch die Frage bleibt, ob die Novellierung noch vor Ende Juni unter der laufenden schwedischen Ratspräsidentschaft abgeschlossen werden kann. Hierbei hängt alles vom Verlauf der Verhandlungen ab. Es ist von höchster Wichtigkeit, dass alle Beteiligten mit voller Hingabe und Engagement an diesem Prozess teilnehmen, um eine erfolgreiche Novellierung zu gewährleisten. Denn nur so können wir sicherstellen, dass die zukünftigen Herausforderungen unserer Gesellschaft angemessen adressiert werden und wir eine gerechtere und nachhaltigere Zukunft gestalten können.

[UPDATE 07/2023]

Die neue F-Gaseverordnung ist im Trilog: Während am 29. März das EU-Parlament über ihren Entwurf zur Novellierung der F-Gaseverordnung beraten und über ihn am 30. März abgestimmt hatte, hat parallel dazu der EU-Rat seinen eigenen Entwurf erarbeitet und diesen am 5. April auch verabschiedet. Die EU-Kommission hatte ihren Vorschlag schon knapp ein Jahr vorher, seit April 2022, vorliegen. Im sogenannten Trilog verhandeln derzeit die drei in der Europäischen Union am Gesetzgebungsprozess beteiligten Organe miteinander.  

Schnell wurde in dem seit April andauernden Prozess klar, dass es für eine Einigung während der schwedischen Ratpräsidentschaft wohl nicht mehr reichen würde. Einige Beobachter gehen davon aus, dass der Prozess unter der im Juni begonnenen spanischen Ratspräsidentschaft jetzt zum Abschluss gebracht wird. Die Verhandlungen verlaufen wohl zäh. Letzte Woche berichtete der Tagesspiegel, dass ein Schreiben der Ratspräsidentschaft helle Aufregung ausgelöst hätte. 

In ihm kämen die Spanier dem EU-Parlament weit entgegen: So sollen für kleine Kältemaschinen mit einer elektrischen Eingangsleistung von weniger als 12 Kilowatt sämtliche F-Gase bis 2032 verboten werden, ab 2027 wären dann im Regelfall nur noch F-Gase mit einem GWP-Wert von 150 zulässig. 

Das Schreiben ist nicht öffentlich, aber liegt laut dem Bericht der Tagesspiegel-Redaktion vor. 

Mehr oder minder unstrittig sind wohl die Phase-Down-Stufen: 

Laut einem Artikel von Christoph Brauneis, Mitglied des Verband Deutscher Klima-Kältefachbetriebe (VDKF), in der Fachzeitschrift KK DIE KÄLTE + Klimatechnik bestünde diesbezüglich im Trilog relative Einigkeit. Es seien nur geringfügige Änderungen zu erwarten:  

  • 2024-2026: 41,7 Mio. t CO2-Äquivalent  
  • 2027-2029: 20,9 Mio. t CO2-Äquivalent  
  • 2030-2032: 9,1 Mio. t CO2-Äquivalent  

In weiteren Stufen geht es bis 2050 auf null herunter.  

Es bleibt spannend!  

[UPDATE 10/2023]

Am 5. Oktober 2023 haben sich Rat und das europäische Parlament auf strengere Vorgaben für F-Gase (u.a. HFKWs) geeinigt.

Damit steht der letzte Schritt im langen Prozess der Novellierung unmittelbar bevor.
Nachdem sich die Verhandler in der vierten Trilog-Verhandlung einigen konnten, muss die novellierte F-Gase-Verordnung nämlich noch formell von Rat und Parlament angenommen werden. Mit der Veröffentlichung im EU-Amtsblatt tritt sie dann in Kraft. Die Billigung gilt weithin als sicher.
Mit Überraschungen scheint die Branche bei der Formalität nicht mehr zu rechnen.

Die Anstehenden Verbote im Überblick:

Monoblock-Wärmepumpen und -Klimageräten bis 12 kW Leistung

  • ab 2027: Verbot des Inverkehrbringens
  • ab 2032: komplettes F-Gas-Verbot

Split-/Luft-Wasser-Wärmepumpen und -Klimageräten bis 12 kW Leistung

  • ab 2027: Verbot des Inverkehrbringens
  • ab 2035: komplettes F-Gas-Verbot

Split-Luft-/Luft-Wärmepumpen

  • ab 2029: Verbot des Inverkehrbringens
  • ab 2035: komplettes F-Gas-Verbot

Stationäre Kälteanlagen (ausgenommen Chiller)

  • ab 2030: Verbot des Inverkehrbringens
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