27. September 2023 Prior1

Energieeffizienzgesetz (EnEfG) und seine Auswirkungen auf Rechenzentren

Implikationen und Chancen für IT-Verantwortliche und Rechenzentrumsbetreiber

Am 21. September 2023 hat der Bundestag das innovative Energieeffizienzgesetz (EnEfG) verabschiedet. Dieses Gesetz legt konkrete Energieeffizienzziele und die entsprechenden Maßnahmen für Unternehmen und die öffentliche Hand fest und hat weitreichende Implikationen für IT-Verantwortliche und Betreiber von Rechenzentren. Der Bundesrat wird sich voraussichtlich Ende Oktober mit dem Gesetz befassen, und im Anschluss soll es möglichst zeitnah in Kraft treten. Dies unterstreicht die Dringlichkeit für alle betroffenen Parteien, sich mit den neuen Vorgaben auseinanderzusetzen und entsprechende Maßnahmen zu planen und umzusetzen.

Rechenzentren im Zentrum der Aufmerksamkeit

Rechenzentren spielen im Rahmen des EnEfG eine besondere Rolle. Abhängig von ihrer Größe müssen sie das Aufkommen an Abwärme messen, dokumentieren und, sofern wirtschaftlich umsetzbar, zur Nutzung anbieten. Dies stellt eine signifikante Veränderung in der Betriebsführung von Rechenzentren dar und erfordert eine strategische Planung und Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen.

Umsetzung der Vorgaben und Compliance

Für IT-Verantwortliche und Rechenzentrumsbetreiber ist es essenziell, die Vorgaben und Ziele des EnEfG zu verstehen und umzusetzen, um Compliance sicherzustellen. Unternehmen mit einem Energieverbrauch von durchschnittlich mehr als 7,5 GWh werden verpflichtet, Energie- oder Umweltmanagementsysteme einzuführen.

Die wichtigsten Punkte des Energieeffizienzgesetzes

Rechenzentren in Deutschland:
• Ca. 3.000 Rechenzentren mit Anschlussleistung >40 kW.
• öffentliche und private Rechenzentren mit >300 kW Nennanschlussleistung fallen unter das Gesetz.
• Jährlich nehmen ca. 200 neue Rechenzentren ihren Betrieb auf.

Energieeffizienz und Abwärmenutzung:
• Geplante Energieverbrauchseffektivität von ≤ 1,2 für neue RZ; 1,3 für Bestand ab 2030.
• Mindestens 10% geplanter Anteil an wiederverwendeter Energie.
• Ab 2024: 50% des Stromverbrauchs durch Strom aus erneuerbaren Energien.
• Ab 2027: 100% des Stromverbrauchs durch Strom aus erneuerbaren Energien.

Investitionen und Kosten:
• Investitionskosten von 680,5 Millionen Euro für Infrastruktur zur Abwärmenutzung.
• Einnahmen von 730 Millionen Euro durch Verkauf der Wärme.

Berichtspflicht und Managementsysteme:
• Betreiber sind zur Abgabe von Informationen verpflichtet.
• Einführung eines Energieeffizienzregisters für Rechenzentren.
• Gemeinsames Managementsystem für Rechenzentrums- und IT-Betreibende ist möglich.

Gesetzliche Regelungen:
• Verpflichtungen und Umsetzungen zu Endenergieeinsparmaßnahmen.
• Spezifische Anforderungen und Fristen für bestehende und zukünftige Rechenzentren.

Abwärmenutzung als Schlüsselkomponente

Die effiziente Nutzung von Abwärme ist ein zentraler Punkt des Gesetzes. Rechenzentren müssen künftig Abwärme so weit wie möglich vermeiden und die entstehende Abwärme, wo möglich, wiederverwenden. Dies erfordert innovative Lösungen und Konzepte zur Energieeffizienz und Abwärmenutzung, die in der Konzeptphase der Rechenzentren berücksichtigt werden müssen.

Neben der Abwärmenutzung sind auch andere wichtige Aspekte im Gesetz enthalten. Dazu gehören die Veröffentlichungspflicht von Effizienzdaten und die Pflicht zur Einführung eines Energiemanagementsystems (EnMS). Zudem schreibt das Gesetz vor, dass ab 2027 100% des Stromverbrauchs aus Ökostrom zu decken sind. Des Weiteren legt das Gesetz strenge PUE-Anforderungen für Neubauten fest und sieht vor, dass auch bestehende Gebäude schrittweise nachgerüstet werden müssen, um den Anforderungen zu genügen

Herausforderungen und Lösungsansätze

Thomas Brenner von Prior1 betont die Herausforderungen und Chancen, die das Gesetz mit sich bringt: „Die Herausforderung liegt in der sinnvollen Zusammenführung von RZ-Betreibern als Anbieter der Wärme und potenziellen Abnehmern. Hier muss sich ein effektiver Workflow etablieren.“ Die Entwicklung und Implementierung von schlüssigen Konzepten zur Abwärmenutzung in Verbindung mit dem neuen Gebäudeenergiegesetz (GEG) und der kommunalen Wärmeplanung sind entscheidend für den Erfolg und bieten gleichzeitig die Möglichkeit, innovative und nachhaltige Lösungen im Bereich der Energieeffizienz zu realisieren.

Internationale Perspektiven und die Rolle der Kommunen

Deutschland befindet sich gerade in den Anfängen, das enorme Potenzial der Abwärmenutzung aus Rechenzentren voll auszuschöpfen. Andere europäische Länder, wie Schweden und Finnland, haben bereits beeindruckende Fortschritte in diesem Bereich gemacht, indem sie die Abwärme von Rechenzentren direkt in die städtische Heizungsinfrastruktur eingespeist haben. Kommunen und Energieversorger spielen eine entscheidende Rolle, wenn es um die effektive Implementierung des Gesetzes geht. Sie stehen vor der Herausforderung, die notwendige Infrastruktur zu schaffen, um die von den Rechenzentren erzeugte Abwärme optimal zu nutzen.

Gleichgewicht zwischen Technologie und Wirtschaftlichkeit

Es ist bemerkenswert, wie Rechenzentren in den Fokus der politischen und gesellschaftlichen Diskussion mit dem EnEfG gerückt sind. Noch vor einigen Jahren war das Bewusstsein für die Bedeutung und den Energieverbrauch von Rechenzentren gering. Heute sind sie ein zentraler Punkt in Gesetzgebungen zur Energieeffizienz.

Die Betreiber müssen neue Aufgaben übernehmen. Rechenzentren werden sich von reinen Datenverarbeitungszentren hin zu potenziellen Energiezentralen wandeln, die sowohl Daten als auch Wärme liefern können. Doch um diese neuen Einnahmequellen zu erschließen, bedarf es einer sorgfältigen Planung und Strategieentwicklung. Es ist unerlässlich, dass klare Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten definiert werden, um sicherzustellen, dass diese neuen Geschäftsmodelle nicht nur umweltfreundlich, sondern auch finanziell tragfähig sind.

Fazit und Unterstützung durch Prior1

Das neue Energieeffizienzgesetz bringt neue Verpflichtungen und Herausforderungen mit sich, bietet aber auch Chancen für Innovation und Nachhaltigkeit. Eine proaktive Auseinandersetzung mit den Vorgaben des Gesetzes und die Entwicklung von Strategien zur Energieeffizienz und Abwärmenutzung sind essentiell für IT-Verantwortliche und Rechenzentrumsbetreiber, um Compliance sicherzustellen und als Vorreiter in der nachhaltigen Gestaltung von Rechenzentren zu agieren. Prior1 steht Ihnen gerne zur Seite, um das Gesetz zu verstehen, einzuhalten und die hierfür notwendigen Maßnahmen umzusetzen.

[Update: 10/2023] EnEfG vom Bundesrat gebilligt

Der Bundesrat hat am 20. Oktober 2023 den Gesetzesentwurf zum Energieeffizienzgesetz (EnEfG) gebilligt. Es fehlt nur noch die Unterschrift des Bundespräsidenten, dann tritt das Gesetz offiziell in Kraft.

Grenzen für Nennanschlussleistung einheitlich

Der Weg durch die Gremiem hat einige Kennzahlen des EnEfG vereinfacht.

Sahen vorherige Fassungen noch eine Trennung von RZs in öffentlicher und privater Hand vor, sind hier die Grenzen nun einheitlich:

Alle RZs >300 kW Nennanschlussleistung fallen unter das Gesetz. Zur Nennanschlussleistung zählen neben der IT-Leistung auch die Nennanschlussleistung der versorgenden Infrastrukturkomponenten, wie beispielsweise USVs. Nennanschlussleistung, die sich aus Redundanzen ergibt, muss allerdings nicht mit einbezogen werden. Werden an einem Standort mehrere RZs betrieben, so können diese einzeln betrachtet werden. Hierfür müssen die RZs aber voneinander vollkommen unabhängig sein: Kühlung und Infrastruktur sind also getrennt.

Aufzeichnung EnEfG-Seminar

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