6. September 2023 Tobias von der Heydt

Energieeffizienzregister für Rechenzentren „Peer DC“ vor dem Abschluss

Das Projekt Peer DC nähert sich seinem Abschluss. Einige der gesetzten Ziele wurden erfüllt, doch es gab Bedenken gegenüber einem umfassenden, öffentlichen Register. Es scheint, dass der Wunsch nach Transparenz in der Branche unterschiedlich stark ausgeprägt ist.

Die Rechenzentrumsbranche hat viel vor. Vielleicht sogar mehr als die meisten anderen Branchen. Diesen Eindruck gewinnt man zumindest schnell, wenn man an die mannigfaltigen Selbstverpflichtungen zur Verbesserung der Klimabilanz im Allgemeinen und der Energieeffizienz im Spezifischen denkt. Mehrere europäische Cloud-Infrastruktur- und RZ-Anbieter haben sich etwa im „Climate Neutral Data Centre Pact“ zusammengetan und freiwillig verpflichtet bis 2030 klimaneutral zu wirtschaften.

Doch wie macht man Verbesserungen sichtbar? Welche Kennzahlen sollten erfasst werden? Und vor allem: Wer bekommt Zugriff auf die Daten? Mit diesen Fragen und Details befasst sich seit 2021 das Projekt PeerDC. Peer DC steht für Public Energy Efficiency Register of Data Centres und wurde vom Umweltbundesamt in Auftrag gegeben. Ziel ist ein öffentliches Register für die Energieeffizienz von Rechenzentren. An dem Projekt sind neben der German Datacenter Association (GDA), das Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung (IER) der Universität Stuttgart, der Ökoinstitut e.V., die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz (DENEFF) und die Vogel IT-Medien GmbH.

Erhoben wird sowieso

Ein solches Register wird zukünftig ohnehin benötigt, da es das aktuell kurz vor der Verabschiedung stehende, deutsche Energieeffizienzgesetz (EnEfG) vorsieht. Viele Kennzahlen sollten außerdem schon erhoben werden: Die EN50600 definiert als europaweite Norm einige Kennzahlen für Rechenzentren, u.a. auch zur Wirksamkeit der eingesetzten Energie (PUE) und für den Anteil an erneuerbaren Energien (REF).

Möchte ein Rechenzentrumsbetreiber den Betrieb seiner Anlagen energetisch optimieren und damit sowohl die Umweltauswirkungen als auch die Betriebskosten reduzieren, wird er unabhängig von externen Einflüssen ohnehin eine Vielzahl von Kennzahlen erheben. Möchte er die Umweltverträglichkeit und den Effizienten Betrieb seines Rechenzentrums durch eine Unabhängige Prüfung, wie z.B. zum Blauen Engel (ZU 228), oder andere Prüforganisationen bestätigen lassen, ist dafür die Erhebung entsprechender Kennzahlen und Einhaltung von Grenzwerten ohnehin Voraussetzung.

Transparenz weiter schwierig

In einem Gespräch mit Ulrike Ostler, Chefredakteurin des Online-Portals Datacenter Insider der Vogel IT-Medien GmbH, welche ebenfalls am Projekt beteiligt war, sagt der Projektleiter und  Professor für Effiziente Energienutzung der Uni Stuttgart, Peter Radgen, dass man zwar auf die Notwendigkeit von Iterationen vorbereitet war, der Widerstand die Kennzahlen in einer öffentlich zugänglichen Datenbank zu veröffentlichen aber doch überrascht habe. Es habe sich als „sehr sehr schwierig erwiesen“.

Dass die Transparenz im Rahmen von PeerDC so kritisch gesehen wurde, verwundert auch Stefan Maier, Geschäftsführer von Prior1:  „Dass man damit so große Probleme hat, erschließt sich mir nicht. Es sei denn, der Betreiber hat was zu verheimlichen. Im Gegenteil, endlich gäbe es ein einheitliches Messverfahren, somit faire Vergleichbarkeit.“ Er plädiert nach wie vor für eine öffentliche Datenbank. „Somit wird ein öffentlicher Abgleich zwischen Marketingaussagen und Realität ermöglicht. Zudem haben potenzielle Kunden,, welche ihre Daten in einem externen Rechenzentrum verarbeitetn, oder ihre IT-Systeme dort betrieben lassen möchten, auch ein Auswahlkriterium, welches sich an der Umweltfreundlichkeit des Rechenzentrums orientiert.“

Ein öffentlich zugängliches Register würde die Möglichkeit bieten, Anbieter miteinander zu vergleichen. Kunden von besonders effizienten Rechenzentren könnten mit Ihrem Engagement werben und mittelfristig würde sich ein Wettbewerb hin zu umweltverträglicheren Rechenzentren entwickeln.

„Es kann sich eine Art Wettbewerb zwischen den Unternehmen um die Effizienz ihrer Rechenzentren entwickeln, was  aus Sicht des Klimaschutzes begrüßenswert wäre. Betreiber bekommen die Möglichkeit die Effizienzihres RZ mit derer anderer Anbieter in der gleichen Leistungsklasse zu vergleichen und so zu sehen, wo sie aktuell stehen. Im besten Fall entsteht ein Erfahrungs- und Know-How-Austausch zwischen den Unternehmen.“, so Martin Weber, Berater bei Prior 1, „Ferner bekommen Kunden von RZ-Dienstleistungen vorab bei der Auswahl eines Anbieters die Möglichkeit, die Effizienz der einzelnen Rechenzentren zu vergleichen.“ Selbst mit einem, öffentlichen Register sieht er aber keinen generellen Umbruch: „Ich denke, dies wird die Wettbewerbslandschaft nicht maßgeblich verändern, aber ich kann mir schon vorstellen, dass einzelne Kunden von RZ-Dienstleistungen in Zukunft das Register im Rahmen ihrer Entscheidung für einen Anbieter als Entscheidungshilfe heranziehen und den Anbieter entsprechend auswählen werden.“

Wie in der Branche gibt es aber auch innerhalb der Prior1 kritische Stimmen. So steht z.B. Angelika Fandreyer, Projektvertrieb bei Prior1, einer gesetzlichen Verpflichtung der Betreiber zur Meldung und Veröffentlichung ihrer Kennzahlen, verglichen mit den damit verbundenen Aufwänden und Potentialen eher kritisch gegenüber, da die Betreiber allein schon aufgrund der in Deutschland verhältnismäßig hohen Energiepreise ein starkes Eigeninteresse daran haben Ihre Anlagen effizient zu betreiben.

Einige Ziele erreicht

Dennoch hat man im Rahmen von PeerDC, laut einer Verlautbarung des Projektteams bei Datacenter Insider, einige Ziele erreicht: Es wurde eine Methode zur Kategorisierung von Rechenzentren als Grundlage für das Bewertungssystem zur Energie-Effizienz von Rechenzentren erarbeitet. Dadurch wird ermöglicht, dass nur ähnliche Rechenzentren miteinander verglichen werden. Ein Prototyps der Datenbank mit Visualisierung der Daten auf einer Landkarte wurde erstellt. Dies ermöglicht eine einfache Darstellung aller wichtigen Kennzahlen mit geographischem Bezug.

Änderungen durch EU-Richtlinie und EnEfG möglich

Da die Überarbeitung der EU-Richtlinie zur Energieeffizienz im Rahmen der Initiative „Fit for 55“, welche den EU Green Deal durch entsprechende Gesetzgebungsmaßnahmen umsetzen soll, noch aussteht, kann sich daraus noch Anpassungsbedarf ergeben. Die Richtlinie enthält, wie das deutsche Energieeffizienzgesetz (EnEfG), ebenfalls Berichtspflichten für Rechenzentren. Auch letzteres könnte vor der endgültigen Verabschiedung im Bundestag noch Änderungen erfahren, welche sich auf die Anforderungen auf ein Rechenzentrums-Register auswirken.

Noch offen ist auch, welche Rechenzentren überhaupt in die Pflicht genommen werden. Die ersten Entwürfe des EnEfG sahen einen Geltungsbereich für Rechenzentren mit einer Nennanschlussleistung ab 200 kW vor, diese wurde im letzten Entwurf auf 300 kW angehoben. Für einen Großteil der kleineren deutschen Rechenzentren eine Berichtspflicht also voraussichtlich nicht zum Tragen kommen. Dagegen wurde der Grenzwert des PUE abgesenkt, was die technischen Anforderungen und Herausforderungen für die größeren Rechenzentren deutlich erhöht.

Mit dem voraussichtlichen Abschluss des PeerDC-Projektes im September steht also eine potentielle Lösung für ein Energie-Effizienzregister für Rechenzentren in Deutschland zur Verfügung. Uns bleibt also, mit Spannung, den Beschluss des EnEfG abzuwarten und wie die Berichtspflichten von Rechenzentren darin verankert werden.

Eine Umsetzung unter Nutzung der Ergebnisse des PeerDC-Projektes wäre aus vielerlei Gründen begrüßenswert, es gibt aber auch einige Widerstände – diese aufzulösen und gemeinsam im Sinne des Klimaschutzes zuhanden sollte dabei unser aller übergeordnetes Ziel sein!

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