Ganz gleich, ob es sich um ein globales oder lokales Unternehmen handelt, die Verkabelung im Rechenzentrum bzw. Serverraum zu managen, kann eine große Herausforderung sein. Bereits die Planungsphase, in der die entsprechenden Anforderungen festgelegt werden müssen, stellt oftmals eine Hürde dar. So erfordern neue WLAN-Geschwindigkeiten, IoT und die Internettelefonie höhere Leistungen als noch vor wenigen Jahren nötig war.
Strukturierte Verkabelung im Rechenzentrum – eine große Herausforderung
Die richtige Wahl zu treffen und Projektverzögerungen, Implementierungsfehler sowie Ausfallzeiten zu vermeiden, sollte nichts dem Zufall überlassen werden. Hierfür gibt es Experten mit entsprechendem Know-how, für die eine effiziente Verkabelung zum Tagesgeschäft zählt. Torsten Gerharz, Leiter Datennetze bei der Prior1, erklärt in diesem Interview, welche Besonderheiten es bei der Verkabelung gibt und auf was Unternehmen unbedingt achten sollten.
RZ-Verkabelung: Fehler und Ausfälle vermeiden
Hallo Torsten (Gerharz), was gilt es grundsätzlich bei der strukturierten Verkabelung zu beachten?
Torsten Gerharz: Vieles! Im Idealfall wird bereits während der Planungsphase ein Qualitätskonzept erstellt, aus dem unter anderem hervorgeht, welche Komponenten in welcher Qualität benötigt werden. Auch die Auswahl entsprechender Materialen erfolgt bereits in der ersten Phase. Daneben ist natürlich zertifiziertes Fachpersonal entscheidend. Es kommt immer mal wieder vor, dass Elektriker die Verkabelung vorgenommen haben, die sich im Bereich von Rechenzentren und LAN-Installationen jedoch nicht auskennen. Daraus resultieren dann vermeidbare Fehler und Ausfälle. Gleichzeitig sind nicht versierte Elektrofirmen oftmals auch nicht firm im Normenumfeld. Durch den Einsatz von qualifiziertem Personal kann der Auftraggeber sicher sein, dass die Arbeit ordnungsgemäß durchgeführt wird. Aus diesem Grund bieten wir bei diversen Projekten in Abstimmung mit unseren Systempartnern Systemleistungsgarantien bis zu 25 Jahre auf die installierte Netzwerkinfrastruktur, sprich Installation und Komponenten.
Du hast vorhin Normen angesprochen, um welche Normen handelt es sich genau?
TG: Das sind hauptsächlich die EN 50173, EN 50174, EN50310 und EN 50600 sowie darin aufgeführte Referenznormen. Die erste Norm bezieht sich auf anwendungsneutrale Verkabelungssysteme und definiert die Topologie sowie die übertragungstechnischen Kenndaten für ein offenes, also herstellerneutrales Verkabelungssystem für Anwendungen der Telekommunikation und der Informationstechnik. Genauer gesagt, geht es um die Anforderungen an Kupferkabel und Lichtwellenleiter für die Verbindungstechnik bei der Geländeverkabelung, der Gebäudeverkabelung und der Etagenverkabelung.
Die europäische Norm 50174 ist die Ergänzung zur EN 50173 und behandelt die Planung und Ausführung/Umsetzung, inkl. Qualitätssicherung der Netzwerkinfrastruktur und den Betrieb von anwendungsneutraler Kommunikationsverkabelung unter Benutzung von symmetrischer Kupferkabel und Lichtwellenleiter. Die EN 50310 befasst sich mit der Anwendung von Maßnahmen für Erdung und Potentialausgleich in Gebäuden mit Einrichtungen der Informationstechnik, was in den immer mehr zusammenwachsenden Netzen von höchster Wichtigkeit ist. Die Norm DIN EN 50600 zeichnet sich durch einen ganzheitlichen Ansatz aus und gibt umfassende Vorgaben für die Planung, den Neubau und den Betrieb eines Rechenzentrums. Sie definiert Anforderungen an die Gewerke wie Baukonstruktion, Elektroversorgung, Klimatisierung, Verkabelung und Sicherheitssysteme.
Kupferleitungen und POE (Power over Ethernet) sind das Maß der Dinge
Welchen Anforderungen muss die Verkabelung – neben den Normen – gerecht werden?
TG: Sie sollte auf jeden Fall dem aktuellen technischen Stand entsprechen. Je nach Budget sollte aber auch schon an die zukünftige Entwicklung des Unternehmens und an die fortschreitende Digitalisierung gedacht werden. So sind heute Kupferleitungen und POE (Power over Ethernet) das Maß der Dinge. Mit letzterem ist es möglich, Netzwerkgeräte, Bildschirme oder z.B. auch Beleuchtungen direkt über das Netzwerkkabel mit Strom zu versorgen. Das bedeutet, dass beispielsweise VoIP-Telefone keine Steckdose mehr benötigen und dadurch unabhängig vom Stromnetz positioniert werden können. Da die Entwicklung hin zu immer höheren Leistungsübertragungen per Datenleitungen geht, spielt hier auch die Wärmeentwicklung eine große Rolle. So sollte man größere Kabelbündel bzw. Kabelmassierungen unbedingt vermeiden. Zusätzlich empfehlen wir unseren Kunden Kabel mit höherem Aderdurchmesser (AWG22) zu verwenden, da hier die Leiterwiderstände geringer sind und dadurch Wärmeentwicklungen und zu hohen Spannungsverlusten entgegengetreten werden. Diese Kabel sind zwar in der Anschaffung selbstverständlich etwas teurer, werden sich jedoch im Laufe der Jahre amortisieren, da auch zusätzliche Systemreserven zu Verfügung stehen und man einfach flexibler ist, welchen der Netzwerkanschlüsse man mit POE speisen möchte.
Stellen wir uns das folgende Szenario vor: Ein Unternehmen möchte nach wenigen Jahren die vorhandene Installation durch eine neue Verkabelung ersetzen, um die Geschwindigkeit und den Datendurchsatz zu erhöhen. Wie ist dann das Vorgehen?
TG: Zunächst einmal ist es günstiger, von Beginn an die entsprechenden zukunftsfähigen Komponenten auszuwählen als nach wenigen Jahren alles rauszureißen. Denn der komplette Kabeltausch ist ein immenser Aufwand. Im Idealfall und je nachdem welche Anschlüsse gebraucht wurden, hat sich das Unternehmen für einen Doppelboden entschieden. Dabei hält sich der Aufwand verhältnismäßig in Grenzen, da dieser einfach geöffnet und die Kabel getauscht werden können. Schwieriger wird es, wenn sich die Verkabelung Unterputz in Wänden befindet. Die notwendigen Demontagen und Neuinstallationen finden dann oft im laufenden Betrieb statt was meist zu einer großen Lärm- und Schmutzbelästigung führt. Wir haben aber auch Kunden, wo ein Umbau im laufenden Betrieb schlicht nicht möglich ist, da müssen wir dann Lösungen erarbeiten und z.B. auf Nacht- oder Wochenendarbeiten umschwenken. Für uns ist es grundsätzlich hilfreich, wenn wir zum einen frühzeitig, egal ob Neuverkabelung oder Austausch, involviert werden und bei einem Austausch Messprotokolle, Grundrisse mit Kabelverlauf, Fotos und Schrankaufbauzeichnungen mit Dosen, LWL- und Kupferkabeln und Panel bekommen. Insbesondere dann, wenn die vorherige Verlegung von einem anderen Fachunternehmen stammt. Obwohl die EN 50174 die Übergabe eines Qualitätsplans mit Messprotokollen vorsieht, stellen wir in der Praxis immer wieder fest, dass viele Anwender die Dokumente nicht erhalten haben. Zudem sollte die Dokumentation dem Status jeder Veränderung angepasst werden, denn so können zukünftige Arbeiten einfacher umgesetzt werden.
Du bzw. wir sind also auch der richtige Ansprechpartner, wenn es um die Überprüfung der Arbeit von anderen geht?
TG: Richtig, wenn jemand Zweifel an der korrekten Ausführung hat, keine Dokumentation bzw. keine schlüssige Dokumentation bekommen hat oder feststellt, dass die Verbindung immer wieder abbricht, sollte er Fachspezialisten zur Überprüfung kontaktieren. Da wir in unzähligen Projekten genügend Erfahrung sammeln durften und auch über das entsprechende Messequipment verfügen, werden wir aus diesem Grund auch öfter zu diesen Themen kontaktiert. Hier zahlt sich einfach aus, dass wir seit Jahrzehnten im Bereich der Beratung, Planung, Qualitätssicherung, Installation und Wartung von qualitativ hochwertigen Netzwerkinstallationen im Rechenzentrum sowie in der Gebäude- und Campusverkabelung tätig sind. Für die Kunden bedeutet dies, dass sie die freie Wahl zwischen dem Komplettpaket und einzelnen Gewerken haben.
Wartung der LWL-Verkabelung
Generell sollte ja in Rechenzentren die Wartung und Reinigung nicht vernachlässigt werden. Wie sieht es mit den beiden Punkten im Bereich der Verkabelung aus?
TG: Wir empfehlen eine Wartung der LWL-Verkabelung im Turnus von einem halben Jahr oder Jahr. Ganz einfach aus dem Grund, da zum Beispiel am Netzwerk das ganze Unternehmen hängt. Fällt es aus, steht der Betrieb still, dass kann dann für Unternehmen schnell problematisch werden. LWL-Anschlüsse sind sehr empfindlich, keine Reinigung vor dem Patchen oder billige LWL-Patchkabel aus Fernost können die Anschlüsse in Mitleidenschaft ziehen oder sogar beschädigen. Mit regelmäßigen LSPM- und OTDR-Probemessungen und visuellen Überprüfungen an Hand von Videomikroskopie werden Probleme oder Schwachstellen erkannt und es kann frühzeitig gehandelt werden. Bei Bedarf führen wir ebenfalls die Reinigung der Anschlüsse mit speziellen Reinigungsequipment durch.
Auf wie viele Jahre ist eine Verkabelung ausgelegt?
TG:Das kann so pauschal nicht beantwortet werden. Es kommt immer darauf an, was der Kunde einsetzt und natürlich auf die technische Entwicklung. Als groben Richtwert kann man 10-15 Jahre sagen. Wir haben aber auch Kunden, bei denen laufen die Installationen seit über 20 Jahren, da bereits bei der Planung, der Materialauswahl und der Installation großer Wert auf Qualität gelegt wurde. Wir betreuen viele unserer Kunden bereits seit über 25 Jahren und kennen jedes kleinste Detail. Und genau darauf legen wir Wert, bei uns steht der Kunde im Mittelpunkt und langlebige, zufriedenstellende Geschäftsbeziehungen sind uns enorm wichtig.
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